Der Vorstand informiert

 

 

 

1. Das Finanzamt hat uns aufgefordert unsere Satzung zu überarbeiten. In dem Schreiben heißt es: „Für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit muss ein Verein eine Satzung besitzen, anhand der festgestellt werden kann, ob die Voraussetzungen für die Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke erfüllt sind (sog. formelle Satzungsmäßigkeit, § 60 Abgabeordnung). Die derzeitig gültige Satzung entspricht leider nicht den steuerrechtlichen Bestimmungen der Abgabeordnung. Weiterhin muss der § 10 Nummer 3 gestrichen werden, da ein Verein kraft Gesetzes keine Gewinnanteile hat und Mitglieder die eingezahlten Beiträge niemals erstattet bekommen dürfen“.

 

Eine Mustersatzung wurde vom Finanzamt beigefügt. Daraufhin haben wir unsere Satzung wie folgt geändert:

 

§ 2. Der Verein ist selbstlos tätig; er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke

 

§ 3. Mittel des Vereins dürfen nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden.

       Die Mitglieder erhalten keine Zuwendung aus Mitteln des Vereins.

 

§ 4. Es darf keine Person durch Ausgaben, die den Zweck der Körperschaft fremd sind, oder

       durch unverhältnismäßig hohe Vergütung begünstigt werden.

 

§ 5. Bei Auflösung des Vereins oder Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das Vermögen

       des Vereins an das „Historisch-Technische Museum“ Peenemünde GmbH (HTM)

       zwecks Verwendung der Erforschung und Darstellung der Peenemünder Geschichte.

 

Weiterhin hat sich aus den Änderungen eine Verschiebung der §en ergeben:

 

§ 2 geht in § 1 auf,

§ 3 wird § 6, § 4 wird § 7 usw. bis § 17 wird § 20,

§ 18 ist aufgesplittet und  zwar geht Pkt. 1 in § 20 und Pkt. 2 in § 5 über.

 

Dem Finanzamt ist der geänderte Satzungsentwurf bereits im August 2013 vorgelegt worden.

Es gab von Seitens des Finanzamtes keine Beanstandungen.

 

2. Am 08. September 2013 fand im HTM die zentrale Festveranstaltung zum Tag des Denkmals des Landes Mecklenburg-Vorpommern statt. Der Tag stand unter dem Motto „Unbequeme Denkmale“.

Höhepunkte waren die Preisverleihung des EUROPA NOSTRA AWARD an das HTM, sowie die Verleihung des Friedrich-Lisch-Denkmalpreises durch Minister Brodkorb.

Interessante Fachvorträge zu Fragen der Denkmäler und ihrer Restaurierung rundeten den Tag ab.

Vom Verein nahmen Herr Schmidt, Herr Frenzel und Herr Felgentreu teil.

 

kf

 

Klaus Felgentreu

2. Vorsitzender

 

 

 

 

Vor 70. Jahren 

Bomben auf Peenemünde/Karlshagen

 

 

Die Luftaufnahme eines „Mosquito“-Aufklärers am 23. Juni 1943 bestätigte die bereits vorhandenen Informationen des britischen Geheimdienstes über eine mögliche Raketenentwicklung in Peenemünde. Daraufhin entschied der britische Premierminister, Winston Churchill, die Anlagen in Peenemünde in nächster Zeit anzugreifen. Das britische Bomberkommando begann mit der Vorbereitung der Operation „Hydra“. In der „Bomber-Command-Operations-Order No. 176“, vom 09. Juli 1943, wurde festgelegt, dass neben der Zerstörung der technischen Anlagen besonders das wissenschaftlich-technische Personal durch die Bombardierung der Wohnsiedlung ausgeschaltet werden sollte.

Als am Abend des 17.August 1943 um 23.25 Uhr in Peenemünde Voralarm gegeben wurde, glaubten die Einwohner, dass die Bomber, wie in vielen Nächten vorher, nach Berlin weiterfliegen würden. Aber in dieser Nacht war Peenemünde das Ziel der Royal Air Force. Von der Ostküste Großbritanniens waren 596 viermotorige Bomber der Typen Avro „Lancaster“, Short „Stirling“ und Handley Page „Halifax“ gestartet. Um 00.09 Uhr sollten Pfadfinderflugzeuge rote Zielmarkierungen über der Wohnsiedlung abwerfen. Aber durch einen Orientierungsfehler fielen diese Markierungen zu weit nach Südosten. Die nachfolgenden Sichtmarkierer  versuchten auf Weisung des Masterbombers, der über Peenemünde kreiste, nun mit ihren gelben und grünen Markierungsbomben diesen Fehler zu korrigieren.

 

Die schweren Flakbatterien am Rande des Flugfeldes und bei Karlshagen, die 2-cm-Flak von den Dächern der höchsten Gebäude, sowie die 3,7 vom Hafen und Vorwerk Gaaz eröffneten das Abwehrfeuer, die Tragödie nahm ihren Lauf.

 

In drei Wellen griffen die britischen Bomber, von Rügen her kommend, die Heeresversuchsanstalt an. Die erste Welle bestand aus 227 Bombern. Ihr Ziel war die Wohnsiedlung der Wissenschaftler. Der Angriff begann um 00.15 Uhr. Die zu weit südlich abgeworfenen roten Markierungsbomben verleiteten rund 70 Bomber der ersten Welle dazu, ihre Bomben, nicht wie vorgesehen, auf die Siedlung zu werfen, sondern auf das ca.’ 3 Kilometer südlich gelegene Gemeinschaftslager Trassenheide. Die anderen Maschinen warfen ihre Bomben auf die Siedlung und den Ort Karlshagen.

 

 Die zweite Welle mit 113 „Lancaster“-Bombern, die Peenemünde zwölf Minuten später erreichte, hatte die großen Hallen im Versuchserienwerk zum Ziel. Die dritte Welle sollte ihre Spreng- und Brandbomben nach Stoppuhr auf das Entwicklungswerk werfen, da durch die Vernebelung und die Rauchentwicklung am Boden die Zielmarkierungen nur schwer erkennbar sein würden. Auch hier kam es zu Orientierungsfehlern, so dass nur der Südteil des Entwicklungswerkes schwer getroffen wurde. Die Prüfstände am Strand und der nördliche Teil des Werkes blieben verschont. In dieser Nacht wurden insgesamt 1593 Tonnen Sprengstoff und 281 Tonnen Brandbomben auf den Norden der Insel Usedom abgeworfen.

 

Für die Einwohner der Siedlung gab es nur einfache Luftschutzbauten (Betonröhren) und herkömmliche Splittergräben in sandigen Böden. Im Lager Trassenheide waren nur wenige Splitterschutzgräben vorhanden, so dass es für die vielen ausländischen und deutschen Arbeiter keinen Schutz vor Bomben gab. Allein hier fanden 300 Menschen den Tod.

 

 Die Anzahl der Bombenopfer war bei diesem Angriff insgesamt recht hoch und wird nach neusten Recherchen mit 697 angegeben. Dazu kamen etwa 3000 „Fliegergeschädigte“, wie die Ausgebombten bezeichnet wurden. Zu den Toten gehörte auch der Triebwerkspezialist Dr. Walter Thiel mit seiner ganzen Familie.

 

Zu den Opfern dieses Angriffs zählen aber auch 245 Besatzungsmitglieder der 41 britischen Bomber, die bei diesem Angriff auf Peenemünde ums Leben kamen.

 

Viele Gebäude in Peenemünde waren beschädigt bzw. zerstört worden. Große Teile der Wohnsiedlung gab es nicht mehr. Die Erprobungsstelle der Luftwaffe, die Prüfstände, das Sauerstoffwerk und das Kraftwerk blieben erhalten. Jedoch mussten die Arbeiten in Peenemünde unterbrochen werden.

Die Kirche von Karlshagen vor und nach dem Bombenangriff (Archiv HTM)

 

Der größte Schaden, den der Luftangriff anrichtete, lag ganz woanders. Er betraf nicht die Anlagen, Gebäude und auch nicht die Wissenschaftler, sondern die Tatsache, dass die Bombardierung zum Anlass genommen wurde, die Raketenherstellung der Wehrmacht zu entziehen und in die Hände der SS zu legen. Einen Monat nach dem Luftangriff auf Peenemünde ernannte Hitler SS-Obergruppenführer Hans Kammler zum Leiter des „Mittelwerkes“. Häftlinge aus dem KZ Buchenwald wurden in den Südharz verlegt und das KZ „Dora“ errichtet. Unter unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen, unter Aufsicht der SS, ging man daran hier die V2- Raketen zu fertigen. Im Januar 1944 lief  die erste Rakete vom Band.

Die Forschung und Entwicklung ging in Peenemünde jedoch nach einer kurzen Instandsetzungsphase weiter. Erst ein zweiter massiver Luftangriff im Juli 1944 hatte zur Folge, dass auch die Erprobung aus Peenemünde verlagert wurde. Der wertvolle Windkanal wurde im Juli 1944 nach Kochel in Oberbayern gebracht und nach dem Krieg in den USA aufgebaut, wo er noch lange Jahre in Betrieb war.

 

Durch die US-Army-Air-Force (USAAF) erfolgten am 18. Juli und am 4. August 1944 weitere Bombardierungen. Hierbei wurden einzelne technische Anlagen wie die

Prüfstände VII und XI, das Werk West und das Kraftwerk angegriffen.

Am 25. August 1944 erfolgte der vierte und letzte Luftangriff auf Peenemünde. Die Reparaturen der vorausgegangenen Angriffe wurden wieder zunichte gemacht und frühere Schäden noch verschlimmert. Das Material für Reparaturen war knapp und so wurden nur noch die notwendigen Instandsetzungsarbeiten ausgeführt. Am 31. Januar 1945 kam der Befehl zur Evakuierung Peenemündes.

 

Durch den Einsatz der V 1 und V 2 verloren viele Menschen in England, den Niederlanden und in Belgien ihr Leben. Hunderttausende Wohngebäude wurden durch sie in Schutt und Asche gelegt. Der große wissenschaftliche Fortschritt, der in Peenemünde seinen Ursprung hatte, brachte Hitler nicht den erstrebten militärischen Erfolg, sondern Tod, Elend und grenzenloses Leid über Teile Westeuropas.

 

Zum Gedenken an alle Opfer unter Zivilisten und Soldaten vergangener Kriege wurde 1993, anlässlich der 50. Wiederkehr der ersten Bombardierung von Peenemünde, die Kapelle auf dem Peenemünder Friedhof eingeweiht.

 

Am 18. August 2013 hat der Förderverein Peenemünde e. V., zusammen mit Einwohnern aus Karlshagen und Peenemünde, mit Bürgern unseres Kreises, sowie weiteren Gästen an die Opfer des Bombenangriffs in der Nacht vom 17. August zum 18. August 1943 gedacht.

Am gleichen Tag fand auf der Freilichtbühne Trassenheide um 17 Uhr ein Gottesdienst statt.

 

kf

 

 

Zeugen des Bombenangriffes vor 70 Jahren

 

Wir möchten einige Zeugen sprechen lassen. Ihre Aussagen hat Manfred Kanetzki (HTM) u.a. in seinem Manuskript unter dem Titel „Operation Crossbow – Angriffsziel Peenemünde“ verarbeitet.

Wernher von Braun befand sich während des Bombenangriffes im Bunker beim Haus 4. Er hatte bis kurz vor Auslösung des Fliegeralarms den Abend gemeinsam mit General Dornberger und des Testfliegerin Hanna Reitsch im Kasino verbracht. Als der Angriff vorüber war, begab er sich in das brennende Haus 4, um aus seinem Büro die wichtigsten Akten zu retten.

Seine Sekretärin Dorette Schlidt (geborene Kersten) schilderte in ihren Erinnerungen die Ereignisse nach dem Angriff, als sie den Luftschutzbunker verlässt.

 

Haus 4 nach dem Bombenangriff (Archiv HTM)

 

 „Die Schläge lassen nach, nur noch vereinzelt fallen Bomben…Wie angewurzelt bleibe ich stehen: Unser Haus 4 brennt, lichterloh. Haus 5 steht in Flammen, ringsum Feuer – ein schauerlich schönes Bild! …Wir rennen am brennenden Haus 5 vorbei, hier und da kracht es noch, Blindgänger gehen hoch, Balken fallen, Giebel stürzen ein, wo ist mein Haus? Ich sehe nichts als Flammen, die Sträucher brennen um uns herum, wir stehen mitten im Feuer, meine Haare fangen an zu sengen, es geht nicht mehr weiter, auch nicht mehr zurück. …Zum Bunker zurück. …Dort ist der Professor, wir müssen die Geheimsachen retten, ich habe den Schlüssel zum Panzerschrank. Aber das Haus brennt, der 2. Stock ist schon herunter, können wir es noch wagen die Treppe hochzugehen? Der Professor geht vor, nimmt mich an die Hand. Es dröhnt und kracht, vorsichtig tasten wir uns an der Wand entlang die Treppe hoch. Jetzt in den Flur, wir zählen 1. Tür, 2. dritte, vierte fünfte Tür – ja das war unser Büro. …Wir erreichen das Zimmer, Panzerschrank auf und raus mit den Sachen. Ich finde jetzt den noch gangbaren Weg, renne mit den Geheimakten die Treppe hoch und wieder runter, jeden Moment kann der Giebel einstürzen, es geht nicht mehr, ich bleibe unten. Der Professor schmeißt jetzt die Sachen aus dem Fenster, auch Tische, Stühle, sogar mit einigen Männern schaffen sie den Panzerschrank heraus…“

 

 

Reste der zerstörten Baracken im Lager Trassenheide                               Archiv HTM/P-18-2

Im Lager Trassenheide war es ebenso dramatisch. Über das Inferno im Lager berichtet der polnische Zwangsarbeiter Feliks Wereszczynski:

 

„Meine Baracke erlitt einen Volltreffer an dem Ende, wo sich der Wächter befand. Er und viele unserer Männer wurden getötet. Ich zog meinen Freund zum anderen Ende der Hütte – meine Jungfrau-Maria-Medaille in der Hand und meinen widerstrebenden Freund in der andren, als es einen ungeheuren Knall und einen  unheimlichen Lärm gab, so als ob sich die Erde unter unseren Füßen anhob, …Mein Freund und ich verloren aufgrund

der Druckwelle beide das Bewusstsein. Die Barackenwand begann zu brennen und wir wurden nur durch einen älteren Mann gerettet, der uns schüttelte, um zu sehen, ob wir noch lebten. Als wir zu uns kamen, forderte er uns auf, davonzulaufen, oder wir würden zu Tode verbrennen. Als wir aus dem Rest der brennenden Baracke heraus kamen, hörten wir die lauten knisternden Geräusche und das schreckliche Schreien und Bitten der sterbenden Menschen. …Es gab eine schreckliche Panik, die unmöglich zu beschreiben ist von jemandem, der es nicht erlebt hat“.

 

Mit zu den ersten Opfern des Angriffes zählten die Einwohner des Dorfes Karlshagen. Besonders in der Hauptstraße wurden einige Gebäude zerstört bzw. stark beschädigt. Auch die Kirche des Ortes wurde schwer getroffen. Der Musiklehrer Ewald Brauns, er wohnte in der Niederstraße bei seinen Großeltern, schrieb in einem Brief an seinem Bruder von seinem Erlebnissen in der Bombennacht:

Siedlung Karlshagen nach dem Luftangriff 17./18 August 1943

(Archiv HTM)

 

„Um 12 Uhr gingen die Alarmsirenen. Ich hörte es wohl, aber da wir ja nicht mehr aufzustehen pflegten, drehte ich mich um und schlief wieder ein. Kurz vor 1 Uhr erwachte ich dann plötzlich von dem Lärm der unzähligen Leuchtkugeln, die über dem Wald am Strand niedergingen. Da wusste ich sofort, was die Stunde geschlagen hatte. Ich rief Oma und Opa, sofort aufzustehen…Ich war noch beim Ankleiden, machte noch schnell das Fenster auf, - da ging es auch schon los.

Die erste Bombenreihe fing bei Beuges an. Eine Bombe berührte den Giebel und warf das Haus sofort in Trümmer. Glücklicherweise hatten alle bereits das Haus verlassen. Eine weitere Bombe detonierte auf Wachtels Weg und gab unserem Haus einen gehörigen Ruck. Die Fensterscheiben zersplitterten und flogen in die Stube, auch die ersten Ziegel kamen vom Dach…Unser Haus drohte einzustürzen und ich rief: „Wir müssen raus, sofort raus!“ Es krachte und blitzte unaufhörlich, jetzt mehr vom Dorf und der Siedlung her. Wir liefen über den Hof. Das Krachen und Zucken setzte sich fort, die Erde schüttelte sich förmlich. Die Stalltüren waren durch den Luftdruck alle weit aufgerissen. Zuerst suchten wir Schutz in dem Gebüsch auf Wachtels Acker. Da kamen die grünen Weihnachtsbäume auf gerade auf uns herab…Da ging eine Bombenreihe gerade durch Christian Schulzes Koppel. Der Druck presste uns förmlich an den Boden, und die Splitter heulten über uns hinweg. Es heulte und zischte und krachte, die Luft schien zu brodeln, besonders schlimm in der Siedlung, an der Chaussee und im Wald…eineinhalb Stunden sollte es dauern. Plötzlich entdeckte ich in der Luft unsere Jäger. Wir sahen wie ein Bombenflugzeug unter dem Leuchtspurbeschuss in Flammen aufging, wie eine Rakete dahinschoß und dann sich überschlagend in der Nähe des Wasserturmes herabstürzte. Noch hörte man in der Ferne Schüsse der Luftabwehr, da wurde es still. Geräusche, die vorher im Bombengetöse untergegangen waren, wurden jetzt wahrnehmbar. Das Krachen der Brände war zu hören, Rufe, Schreie.“

 

Manfred Kanetzki konnte noch viele andere Zeugen dieser nächtlichen Katastrophe ausfindig machen. In den Tagen nach dem Bombenangriff versammelten sich die Einwohner, die in den Baracken des Gemeinschaftslagers Karlshagen eine erste Unterkunft gefunden hatten, mit den wenigen geretteten Gepäckstücken vor dem Wirtschaftsgebäude zur Evakuierung in die umliegenden Ortschaften auf dem Festland. Die Familien der Siedlung wurden auf viele Ortschaften verteilt und waren bei ihren Gastgebern nicht immer willkommen.

 

kf

 

 

 

Eine Geschichte der Raketen-Technik – (Teil III)

 

Liebe Leser!

In der heutigen Ausgabe des Infoblattes setzen wir, wie angekündigt, die Dokumentation der „Historischen Arbeitsgemeinschaft Peenemünde“ (HAP) fort.

In Teil III geht es um die Anfänge der A4-Zielpunktermittlung.

 

Im Oktober 1942 begann meine Tätigkeit (Hans Priesner) in Peenemünde zunächst kurzzeitig bei BSM (Bordausrüstung, Steuerung, Messtechnik)  mit der Erprobung von Ortler und Honnef, sowie mit Entwicklung und Bau eines Induktivitätsmessgerätes.

 

Der dann einsetzende A4-Versuchs-Schießbetrieb benötigte in der Nähe des Zielortes (Stolpmühle, später Lebasee) ein Beobachtungskommando, zu dem auch ich abgestellt wurde.

 

An der dem Zielort benachbarten Küste befand sich eine Schallmessbasis, die zu Beginn des Schussablaufes mit den Apparaturen in Peenemünde synchron in Tätigkeit treten musste. Dies bedingte eine Fernsprech- und Funkverbindung zwischen der Startstelle und dem Zielort. So wurde es meine Aufgabe, mit einem fahrbaren Sender einerseits für eine einwandfreie Funkverbindung zwischen der Schießleitung in Peenemünde und dem Zielortkommando und anderseits zu Beobachtungs-Flugzeugen und –Schiffen zu sorgen.

 

 

 

Die Flugzeuge wurden durch Funk auf das von der Schießleitung errechnete Planquadrat eingewiesen und suchten nach der tatsächlichen Einschlagsstelle des jeweiligen A4, die durch einen hellgrünen Farbfleck gekennzeichnet wurde. Die auf diese Stelle eingewiesenen Schiffe suchten sodann mit Schleppnetzen und Tauchern nach A4-Resten.

 

Sobald das A4-Geschoss – infolge Reichweite und Erdkrümmung – unter dem Horizont verschwand, war es der Schießleitung nicht mehr möglich, den Schussverlauf  in seiner letzten Phase zu verfolgen, d. h. Signale des Verdopplers und eventuell des Messwertsenders zu empfangen. Dieser Umstand hatte zur Folge, dass bei der Errechnung des Zielplanquadrates Unterschiede auftraten, die korrigiert werden mussten. Um diese Mängel zu beseitigen, versuchte man am Zielort durch Aufnahme des Verdopplers oder Messwertsenders den Zeitpunkt des Geschosseinschlages zu ermitteln. Auf einem mit Funk ausgerüsteten Schiff, welches auf der ungefähren Zielposition lag, wurden daher die A4-Bordfrequenz mittels Empfänger aufgenommen und damit ein Sender (mit ca. 100m Wellenlänge) moduliert. Die Abb. 1 und 2 zeigen schematisch die Zusammenhänge und das Grundkonzept. Durch Aufnahme dieses Senders wurde der Schießleitung in Peenemünde die Ermittlung des Einschlagpunktes erleichtert.

 

Wenn auch ein derartiges Verfahren sehr primitiv war, so wurde doch immerhin eine Verbesserung bei der Bestimmung des Zielplanquadrates erreicht. Ob diese Methode durch Synchronisierung mit den Messapparaturen am Zielort eventuell noch an Bedeutung gewann, entzieht sich meiner Kenntnis, da ich im August 1943 zur Funkhorchabteilung versetzt wurde.

 

Hans Priesner

 

Im nächsten Infoblatt befassen wir uns mit Plänen – Projekte – Programme in Peenemünde.

 

kf

 

Neues vom Büchermarkt

 

Die Presse informierte über eine Neuerscheinung über Peenemünde. Es handelt sich um:

 

Geheime Kommandosache Peenemünde-Ost

von Dietrich und Sven Gildenhaar

 

Erschienen im Rhino-Verlag Ilmenau, 2013. Das Buch ist durchgängig illustriert mit Fotografien, Luftbildern und Karte.

ISBN: 978-3-939399-46-9

Es ist im Buchhandel für einen Preis von 16,95 € zu erhalten.

 

Die Autoren bieten dem Leser eine Gesamtübersicht zur deutschen Raketenentwicklung. Grundlage hierfür waren aktuelle Forschungsergebnisse, Archivmaterial und Veröffentlichungen zu diesem Thema seit den 60ziger Jahren.

Die Autoren beschreiben die Funktion noch erhaltener Bauten und Relikte aus der Zeit der Heeresversuchsanstalt. Sie widmen sich auch Personen, die in Peenemünde agierten.

In Auswertung des Archivbestandes des Deutschen Museums München sind von 1942 – 1945 alle in Peenemünde realisierten Raketenstarts aufgeführt.

 

In dem neuen Buch ist auch die Geschichte der DDR-Flottenbasis von 1952 bis 1990 zu finden.

 

Das erste Buch der Fadenkreuzreihe „Peenemünde West“ wurde überarbeitet und ist auch im Buchhandel erhältlich unter ISBN 978-3939399-47-6

 

In eigener  Sache

 

 

Wir danken für die eingegangene Spende
                                   Herrn Sieger, Hermann             1000,00 €
                           

 

 

 

Wir trauern um

 

Margot Kunstfeld

 

* 10.03.1925         † 05.07.2013

 

Wir trauern um

 

Ingrid Frenzel

 

* 18.05.1945         † 20.08.2013

 

Sie nehmen in unserer Erinnerungen einen festen Platz ein.

 

 

 

 

 

 

Im Juli hatten Geburtstag

 

Frau Lucia Martha Mokelke Hagen; Herr Ulrich  Fügenschuh Aurich;

Herr Otto Lippert Homburg; Herr Karl-Peter Stracke Abendsberg;

Herr Rainer Höll Karlshagen; Herr Ferdinand Erbe Dresden

 

Im August hatten Geburtstag

 

Monsieur Roland Hautefeuille Paris; Herr Mathias J. Blochwitz Berlin;

Herr Karl Winterfeld Dessau; Herr Klaus Ost Bingen; Herr Peter Sell Kiel

Herr Norbert Höllerer Floß; Herr Erich Schäfer Wanderup

 

Im September haben Geburtstag

 

Herr Dipl.-Ing. Walter Gademann München; Herr Jürgen Bock Lauterbach

Herr Winfried Gaube Hanshagen; Herr Heinz Grösser Hainburg;

Herr Herbert Laabs Holzminden; Herr Martin Zenker Kütten

 

 

                                                                                                                                                                                     

Herausgeber: Förderverein Peenemünde „Peenemünde - Geburtsort der Raumfahrt" e.V.,

Anschrift: Förderverein Peenemünde e. V.  Waldstraße 03  17449 Karlshagen; Tel.: 038371/20106; 038371/20695

e-mail: huebner-l@t-online.de   Homepage: www.foerderverein-peenemuende.de

Gestaltung: Gestaltung: Lutz Hübner und Klaus Felgentreu, Karlshagen; Druck: „Druck-mit-uns“ Sperberhorst 6 22459 Hamburg

Alle Rechte, einschließlich Fotokopie, Mikrokopie, Verfilmung, Wiedergabe durch Bild-, Ton- oder Datenträger jeder Art und des auszugsweisen Nachdrucks, vorbehalten. Die Vervielfältigung des Ganzen und von Teilen hieraus ist nicht gestattet, außer nach Einwilligung. Strafbar macht sich, wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung der/des Berechtigten ein Werk vervielfältigt

Bankverbindung:: Beitragskonto: 384 000 487;     Spendenkonto: 384 001 432       Bankleitzahl: 150 505 00 Bank: Sparkasse Vorpommern Beitragskonto: IBAN: DE64150505000384000487   NOLADE21GRW     Spendenkonto: IBAN: DE60150505000384001432   NOLADE21GRW

Pressespiegel

 

OZ 09.09.13

Europa Nostra ehrt Museum in Peenemünde

 

Im Kesselhaus während derEnthüllung des Awards: Dr.Claus-Peter Echter, Vizepräsident von Europa Nostra, Metallrestaurator Wolfgang Hofmann und HTM-Geschäftsführer Michael Gericke (v.l.)

                                                                                                                              Foto: D. Frenzel

Höchste Ehrung für Peenemünder Denkmalschützer

Leiter des Historisch-Technisches Museums enthüllte gestern Europa-Nostra-Award im Kesselhaus des ehemaligen Kraftwerks.

Peenemünde -Das Historisch-Technische Museum in Peenemünde sorgt einmal mehr international für Aufsehen: Gestern wurde im Kesselhaus des früheren Kraftwerks die Bronzetafel des Europa-Nostra-Preises 2013 feierlich enthüllt. Bereits am 16. Juni in Athen war dem Museum diese höchste europäische Auszeichnung für das Kulturerbe in der Kategorie I „Restaurierung/Konservierung" verliehen worden.

 

  Die Europäische Union würdigt mit dem Award die denkmalpflegerische Leistung während eines 2011 abgeschlossenen Restaurierungsprojekts. Dieses befasste sich mit der Sanierung von Mauerwerk und Anlagen des Kesselhauses, des Brecherhauses samt Schrägbrücke, des Siebhauses und der Bekohlungsanlagen inklusive der Kranbahn, welche vom Metallrestaurator Wolfgang Hofmann geleitet wurde. „Die Arbeiten am größten Industriedenkmal in Mecklenburg-Vorpommern zeichneten sich aus durch einen außergewöhnlich behutsamen Umgang und standen unter dem Leitmotiv Erinnerung und Mahnung", befand Dr. Claus-Peter Echler, Vizepräsident von Europa Nostra.

 

  Der Hamburger Politikwissenschaftler und Historiker Prof. Peter Reichel ging in seinem Festvortrag „Umstrittener Erinnerungsort: Peenemünde - Symbol nationalsozialistischer Modernität " auf den vielseitigen Umgang mit der Geschichte Peenemündes während der Nazi-Diktatur ein. Die Raketenentwicklung in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde sei einerseits eine technische Großtat, andererseits angesichts ihrer Absichten und Folgen ein großes Verbrechen.

 

  Reichel warnte angesichts dieser Ambivalenz vor einer Abkehr des historisch-kritischen Blickes. Außerdem wies er kritisch auf die aktuell fehlende wissenschaftliche Leitung nebst Beirat im Peenemünder Museum hin: „ Sachverstand ist notwendig für die Fortentwicklung des Museums als international beachteter und äußerst sensibler Erinnerungsort" Reichel schlug vor, der Einrichtung als Museum der Beschleunigung" eine übergeordnete Bezugsebene zu geben, die bisher fehle. Sich verschärfende Massenkommunikation, -produktion, -tourismus und -transport seien geeignete Themenfelder.                                                                                              ts

Historiker Prof. Peter Reichel warnte, in seinem Festvortrag, angesichts dieser Ambivalenz vor einer Abkehr des historisch-kritischen Blickes. Außerdem wies er kritisch auf die aktuell fehlende wissenschaftliche Leitung nebst Beirat im Peenemünder Museum hin

 

 

 

Spiegel Online 07.09.13

Nasa-Sonde "Ladee" gestartet: Reiseziel Mond

Von Michail Hengstenberg

Um ein Jahrzehnte altes Rätsel zu lösen, hat die Nasa am Samstag die "Ladee"-Sonde zum Mond geschickt. Sie soll untersuchen, ob der Mond vielleicht doch eine Atmosphäre hat. Millionen Menschen verfolgten den nächtlichen Start an der US-Ostküste - der nicht ganz frei von Problemen war.

New York - Die letzte bemannte Mondmission kehrte mit einem Rätsel zurück auf die Erde. Kurz vor Sonnenaufgang war den Astronauten der "Apollo 17"-Crew auf dem Mond ein sanftes Glimmen hoch über der Oberfläche aufgefallen: Es sah aus, als würde das Sonnenlicht kleine Teilchen in der Atmosphäre des Mondes anstrahlen. Aber wie konnte das sein - wo doch der Mond keine Atmosphäre besitzt?

Um dieses Mysterium zu entschlüsseln, hat die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa am Samstagmorgen die Mondsonde "Ladee" (für " Lunar Atmosphere and Dust Environment Explorer") ins All geschickt. Millionen von Zuschauern an der US-Ostküste verfolgten den nächtlichen Start, er wurde zudem live im Internet und unter anderem auch auf einer Leinwand am New Yorker Times Square übertragen. Der Lichtschweif am Himmel war ebenfalls bis in die Millionenmetropole zu sehen.

Start der Mondsonde "Ladee

 

Der Start der rund 250 Millionen Dollar (etwa 190 Millionen Euro) teuren Mission war von Experten mit Spannung erwartet worden, weil sowohl der Weltraumbahnhof in einer Nasa-Zweigstelle auf Wallops Island, einer Insel vor der Ostküste Virginias, als auch die Trägerrakete vom Typ "Minotaur V" noch nie zuvor für Weltraum-Missionen genutzt worden waren. Die Rakete hatte das private Unternehmen Orbital geliefert, das zuletzt für zwei Fehlstarts verantwortlich war.

Probleme nach dem Start

Auf einem treibstoffsparenden Spiralkurs macht sich die Sonde auf zum Mond. Dort soll sie in einem Monat ankommen und den Erdtrabanten 100 Tage lang in 20 bis 60 Kilometern Höhe umkreisen. Die Kommunikation mit der Erde soll über eine neue, extrem schnelle Laser-Verbindung laufen, die für zukünftige Raummissionen getestet wird. Auch die Erkenntnisse zur Mondatmosphäre sollen bei der Erforschung anderer kosmischer Körper helfen, heißt es bei der US-Weltraumbehörde: "Die dünne Atmosphäre des Mondes ist womöglich verbreiteter als wir bisher glaubten", erklärte Nasa-Manager John Grunsfeld.

Am Ende des Einsatzes wollen die Nasa-Forscher ihr Fluggerät bei einer Bruchlandung im Namen der Wissenschaft in den Boden des Erdtrabanten rammen. Damit es dazu nicht verfrüht kommt, müssen die Wissenschaftler allerdings noch ein paar akute Probleme lösen, denn ganz reibungslos lief der Start von "Ladee" nicht ab.

Nachdem sich die Sonde von der Trägerrakete abgekoppelt hatte, rotierte sie unerwartet schnell. Die Boden-Crew versuchte, die Rotation mit sogenannten Schwungmassen-Drehscheiben an Bord der Sonde zu kompensieren. Doch dann schaltete der Bordcomputer die Stabilisatoren wegen erhöhter Stromaufnahme ab.

"Vermutlich, weil sie sich etwas zu schnell drehten", sagte Simon Peter Worden, Leiter des Nasa-Forschungszentrums in Kalifornien, das "Ladee" entwickelt hat. Beunruhigt ist er deshalb aber nicht: "Das bekommen wir in den nächsten Tagen in den Griff", so Worden. "Viel Glück auf deinem Weg zum Mond" hatte die Bodenkontrolle "Ladee" nach dem Start verabschiedet. Ein bisschen Glück scheint sie auch zu brauchen.

mhe/dpa/ap

 

 

OZ 19.08.13

Gedenken und Hoffnung nach 70 Jahren

Insulaner erinnern an den Bombenangriff auf Peenemünde und Karlshagen und legten Kränze für die Toten ab

“697 Menschen starben,

3000 verloren ihr Zuhause.“

Klaus Felgentreu, Vorstand Förderverein

 

Von Angelika Gutsche

Karlshagen - In der Nacht vom 17. zum 18. August 1943 warfen britische Bomber 1593 Tonnen Sprengstoff und 281 Bomben auf den Norden der Insel Usedom. Der dabei ums Leben gekommenem 697 Menschen sowie der 3000 Ausgebombten gedachten gestern Vertreter der beiden Peenemünder Museumsvereine, der Gemeinden Karlshagen und Peenemünde sowie der Kirchgemeinden und der Feuerwehren am Gräberfeld auf dem Friedhof in Karlshagen. Um 17 Uhr gab es auf der Freilichtbühne Trassenheide einen Gedenkgottesdienst.

Klaus Felgentreu, zweiter Vorsitzender des HTM-Fördervereins, erinnerte auf dem Friedhof daran, dass unter den Opfern viele Kinder waren. Wie Felgentreu erklärte, griffen die britischen Bomber die Heeresversuchsanstalt in drei Wellen an. Ziel der ersten Welle sei die Wohnsiedlung der Wissenschaftler gewesen. Doch die falsch gesetzte Markierungsbombe verleitete zur Bombardierung des etwa drei Kilometer südlich gelegenen Gemeinschaftslagers Trassenheide. Die übrigen Bomben trafen die Siedlung und den Ort Karlshagen. „Das Ergebnis dieser Fehleinschätzungen liegt zum Teil namenlos auf diesem Friedhof begraben “, so der Karlshagener, der außerdem darüber berichtete, dass in der Bombennacht auch 245 Besatzungsmitglieder der 41 abgeschossenen britischen Bomber starben.

Felgentreu erinnerte ferner daran, dass durch den Einsatz der in Peenemünde entwickelten V 1 und V 2 zahlreiche Menschen in England, den Niederlanden und Belgien ihr Leben verloren.

Heute ist bekannt, dass Hitler die Bombardierung zum Anlass nahm, der Wehrmacht die Raketenherstellung zu entziehen und diese in die Hände der SS zu legen. Einen Monat nach dem Angriff auf Peenemünde ernannte er SS-Obergruppenführer Hans Kammler zum Leiter des „Mittelwerkes ". Häftlinge aus dem KZ Buchenwald wurden in den Südharz verlegt und das KZ „Dora" errichtet. „Unter unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen, unter Aufsicht der SS, mussten sie hier die V2-Raketen fertigen. Auch in Peenemünde gingen Forschung und Entwicklung nach einer kurzen Instandsetzungsphase weiter.“

Gemeindepädagoge Cord Bollenbach erinnerte gestern an die Aussöhnung nach dem Krieg, die in der Zugehörigkeit der Inselkirche zur Coventry-Kreuzgemeinschaft ihren Ausdruck findet. „Mit dem Gedenken an die Opfer wird dieser Tag nicht nur zum Tag der Trauer, sondern auch zu einem Tag der Hoffnung und Versöhnung, so Bollenbach.

 

 

 

Erinnerung an den Bombenangriff in der Nacht vom 17./18.August 1943

Kranzniederlegung

                                                                                                                                                      Fotos L. Hübner